Der Wanderwein - Susanns neue Seite

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Der Wanderwein

Geschichten von uns

Der Wanderwein

Ich muss für diese Geschichte ein wenig ausholen und kurz mit euch in die Vergangenheit reisen.
Also vor unheimlich vielen Jahren bekam ich einen Ableger von einer Pflanze geschenkt, die irgendwie Wein hieß. Sie trug keine Früchte und ihre Blätter sahen mehr wie ein Efeu aus. Dieser kleine Ableger wollte bei mir nicht so richtig wachsen, er bekam immer ein neues Blatt und verlor dafür auch sofort ein älteres Blatt. Kurz gesagt, sie war klein und unscheinbar. Nichts im Vergleich zu der Mutterpflanze. Irgendwann gab ich ihr Mal neue Erde und siehe da:
Das Teil wurde riesengroß. Sie wuchs mir das Regal hoch, das es eine wahre Freude war. Was so ein bisschen frische Blumenerde doch bewirken kann, und zog mir wiederum ein paar Ableger. Einen davon bekam mein großer Bruder, bei dem sie auch immer noch im Regal steht, hab ich grad vor Kurzem sehen können.

Die Pflanze wurde irgendwann krank. Sie bekam überall weiße Flecken auf den Blättern und sah ungesund und verwelkt aus. Ich dachte so bei mir: Die schmeiße ich lieber raus, bevor sie mir die anderen Pflanzen ansteckt, denn ich hab noch viele andere Grünpflanzen in der Wohnung stehen. Und da war mir das Risiko einfach zu groß.

Schweren Herzens landete das gute Stück in der Biotonne.
Ich war sehr traurig darüber, weil das Teil echt Super aussah, und so pflegeleicht war.
Nun was soll´s, es nützt ja nichts.
Wann immer ich bei meinem großen Bruder zu besuch war, hatte ich vergessen ihn, um einem Ableger von der Pflanze zu bitten, und so geriet die Angelegenheit und auch diese Pflanze in Vergessenheit.

Von Zeit zu Zeit hab ich mal geschaut, in den Blumenläden, ob ich das Teil noch mal finden kann, aber es gab sie nirgends, und so gab ich dann auch irgendwann auf, war ja auch nicht so wichtig.

Nun lerne ich meinen heutigen Mann kennen und erzähle ihm von der keinen Manie in den Blumenläden nach einer bestimmten Pflanze Ausschau zu halten.
So ganz nachvollziehen konnte er das nicht, aber auf unseren Entdeckungstouren durch Hamburg lief ich halt immer mal wieder in die Blumenläden, um nach diesem Wein zu suchen.

Nun sind wir in Eppendorf unterwegs. Ein wirklich schönes und sehr altes Viertel von Hamburg. Wir finden einen tollen Italiener, wo man supertoll und wirklich frisch essen kann. Auf dem Rückweg zum Auto sind wir dann auf der anderen Straßenseite lang gegangen, wo uns schon auf dem Hinweg ein Blumenladen aufgefallen war, der überwiegend Grünpflanzen stehen hatte.
Uwe lässt also meine Hand los und lässt mich mal gucken.
Ich also rein in den Laden, und da hängt er.
Hinter der Kasse, gleich drei oder vier von der Sorte.
Supergroß, supertoll, supergrün. Aber der Preis war ja nun so gar nicht nach meinem Geschmack. 18 Euronen, das geht ja gar nicht, auch wenn er in einem Hängetopf steckt.
Ich also die Verkäuferin gefragt, ob es den nicht auch etwas keiner gibt.
Sie antwortet: „Meinen Sie den russischen Wein?“ „Der heißt tatsächlich so?“ frage ich, und war ganz perplex. Ich hatte das ja damals nicht geglaubt, dass der wirklich „Wein“ heißt. Ich erzählte ihr die Geschichte, dass ich schon seit Jahren nach dem Teil suche, und ihn nirgends finden konnte. „Jetzt haben sie ihn gefunden!“
Und für 6 Euronen kann man das Ding mal mitnehmen.
Man was hab ich mich gefreut!
Mein Wein ist wieder da, wie schön!

Zu Hause angekommen, erstmal wässern und dann einen Platz dafür suchen.
Das ist gar nicht so einfach, denn wir haben seit dem Umzug wirklich viele Pflanzen, und die Wohnung ist nicht sooo groß. Weil das Teil ja nun einen Haken dran hatte, hab ich ihn erstmal im Wohnzimmer an einen Haken in der Decke gehängt. Nicht optimal, aber erstmal geht es.
Das hatte Uwe gesehen.

Dann erstmal Umtopfen, das Pflänzchen, und dann mal schauen.

Es stand nun im Schlafzimmer, bei den anderen Pflanzen, auf der Kommode.
Auch das hatte Uwe gesehen.
Dann hab ich es auf die andere Seite der Kommode gestellt, besseres Licht!
Auch das hat Uwe gesehen.
Am nächsten Tag hatte ich eine von den Rankhilfen, welche ich für die Tomaten gekauft hatte, mit in den Topf des Weines gestopft und den Wein irgendwie da rein geflochten. Da stand er auch noch oben auf der Kommode. Der Platz gefiel mir nicht wirklich, im Winter vielleicht, aber jetzt noch nicht. Also hab ich ihn ans Fußende des Bettes gestellt. Dort stand er nun so zwei Tage lang.
Auch das hat Uwe gesehen.
Dann hatte ich den idealen Platz für den Wein gefunden.
Da ich ja ständig irgendetwas umräume und umbaue, dachte ich das fällt Uwe bestimmt gleich auf, und er wird begeistert sein… Hab ich so gedacht.

Es vergehen ein paar Tage und der Wein wird immer schön gegossen, wie alle anderen Pflanzen in diesem Haushalt auch.
Ich hab das dann auch echt erstmal vergessen noch großartig zu erwähnen, hab einfach auch nicht mehr dran gedacht. Der Wein hatte seinen Platz im Wohnungsuniversum gefunden und da stand er nun.

Nun kam Uwe irgendwann von der Arbeit und wie immer legt er sich zum Nachmittagsschläfchen ins Bett. Sein Job ist anstrengend und so erholt er sich immer am besten.
Als er aufsteht, fällt sein Blick auf das Fußende des Bettes, und denkt so bei sich: „Hm, der Wein ist weg!" und macht sich auf die Suche nach dem Pflänzchen.
Wie gesagt, die Bude ist ja nicht so groß, und irgendwo wird das Ding schon sein.
Er sucht also im Wohnzimmer. Doch da ist der Wein nicht. Er geht noch mal ins Schlafzimmer und schaut genauer auf die Kommoden, doch da ist der Wein auch nicht. Nun geht er ins Bad, denn ich komme ja manchmal auf so komische Ideen, die Pflanzen in die Badewanne zu stellen, und abzuduschen. Es hätte ja sein können, dass er dort noch steht, doch da ist er auch nicht.
Jetzt guckt er in die Küche, mit dem Gedanken: Sie wird doch nicht…
Aber dort steht der Wein auch nicht. Nun geht er noch mal in jedes Zimmer, schaut auf jeden Schrank, denn wir haben auch Pflanzen die hoch oben stehen müssen, weil sie dann runterranken können. Da das mit dem Wein auch sehr gut geht, schaut Uwe also noch mal alles durch. Kann aber den Wein nicht wieder finden.
Resignierend legt er sich wieder in sein Bett, und denkt so bei sich: “Sach mal, die Bude ist doch gar nicht so groß, wo kann das Ding denn hingekommen sein?“

Als er sich ein Zigarillo nehmen will, welche auf seinen Nachttisch stehen, fällt sein Blick zufällig nach oben…
Der Wein hätte ihn fast in der Nase kitzelt.
Denn: Der ideale Platz für diese Pflanze ist auf dem Regal neben Uwes Nachttisch.
Ich hatte dort die leeren Zigarrenkisten, welche oben auf diesem Regal liegen, so hoch gebaut, dass da Platz für den Wein entsteht, und ich dachte eigentlich, dass er das sofort sieht, hat er aber nicht.
Aber bestimmt 10 Minuten ist Uwe durch die komplette Wohnung gelaufen auf der Suche nach dem Wein.
Deswegen heißt diese Pflanze nun „russischer Wanderwein“!
Hoffentlich vergesse ich nicht, ihm bescheid zu sagen, wenn es Winter wird, denn dann muss der Wein woanders hin. Dort wo er jetzt steht, ist es dann zu dunkel.




 
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